Familienchroniken aus Budapest

Familienchroniken aus Budapest

Auf die Frage, welche Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg in den Familien der Toldy-Schüler_innen kursieren, sind drei „Chroniken“ eingelangt:

Jucka Tompa

Mein Ur-Großvater war Soldat im Ersten Weltkrieg. Er war in einem Lager neben einem Fluss, sie mussten das russische Lager auf dem anderen Ufer beobachten. Da waren sie sehr ruhig nebeneinander, sie kümmerten sich nicht um die Russen und die Russen kümmerten sich nicht um sie. Aber einmal ist eine Kompanie mit einem Hauptmann ins Lager gekommen. Der Hauptmann hat gesagt: „Wir müssen die Russen immer beobachten!“, und hat einen typischen ungarischen Husar im roten Mantel auf einen großen Baum geschickt. Plötzlich kam ein kleines Boot aus dem gegnerischen russischen Lager mit einer weißen Flagge, und sie sagten: „Bitte holen Sie den Husar vom Baum, weil es bei uns ein paar sibirische Jäger gibt und sie auf ihn schießen wollen!“

 

Sára Vincze

Es ist eigentlich keine „echte“ Geschichte, nur einige Erinnerungen meiner Oma. Als ich sie über den Ersten Weltkrieg gefragt habe, hat sie sofort über ihren Opa erzählt.

Er arbeitete damals bei einem Offizier als Koch. Meine Oma erinnert sich, dass er während der Erntezeit sehr viel über diesen Zeitraum seines Lebens erzählte. Er konnte auch eine Menge Lieder aus dieser Zeit und er brachte diese meiner Oma bei.

Ihr Lieblingslied war „Lenn a vén Doberdón…“ [Unten beim alten Doberdo]. Es ist auch heute bekannt und hier auf youtube zu hören.

Fenn a vén Doberdón süvölt a szél

Elkerül az álom, nem alszom én

Rabtársaim mellett dúdologatok

Sújt engem az élet

Mert rab vagyok.

 

Fenn a magas égen göncölszekér

Álmaimban hányszor elszököm én

És a csillagok közt elindulok

Két szemem kitárom

Szabad vagyok.

 

Kis házunk a régi, cseréptetős

szomszédunk a régi, jó ismerős

asztalomon ott áll, ahogy szokás

egy üveg bor és egy

tányér kalács.

 

Jó anyám is ott ül a kis padon

én a sápadt arcát simogatom

ölébe hajtom bús fejemet

ő a szabadságról

mesél nekem.

 

Feleségem kint ül a zsámolyon

én a rózsás arcát csókolgatom

ölében ott van kis gyermekem

ő a boldogsáról

mesél nekem.

 

Megzörren az ajtó, felébredek

álmos két szememből a könny pereg

álom volt csupán, hogy szabad vagyok

sújt engem az élet

mert rab vagyok.

 

Ein ähnliches Lied existierte auch an der italienischen Front: Fuoco e mitragliatrici (hier geht es zur youtube-Version), das ursprünglich ein Volkslied aus Neapel war (und dieses ist hier zu hören) und dessen Text während des Ersten Weltkrieg „aktualisiert“ wurde. Als das Lied entstand, kämpften gerade die italienischen Truppen gegen die k.u.k. Truppen, wo überwiegend ungarische Soldaten Dienst leisteten. Es ist gruselig sich vorzustellen, dass abends in den Schützengräben diese beiden Lieder sogar gleichzeitig gesungen wurden. In dem Text geht es um den Schlacht am 16. Dezember 1915 um San Martino del Carso und Monte Nero/Monte Cappuccio. Hier siegten zwar die Italiener, die Hälfte der Truppen war aber tot.

Non ne parliamo di questa guerra

che sarà lunga un’eternità;

per conquistare un palmo di terra

quanti fratelli son morti di già!

 

Trincea dei razzi, maledizione,

quanti fratelli son morti lassù!

Finirà dunque ’sta flagellazione?

Di questa guerra non se ne parli più.

 

Fuoco e mitragliatrici,

si sente il cannone che spara;

per conquistar la trincea,

Savoia! – si va.

 

Fuoco e mitragliatrici,

si sente il cannone che spara;

per conquistar la trincea,

Savoia! – si va.

 

Da monte Nero a monte Cappuccio

fino all’altura di Doberdò,

un reggimento più volte distrutto:

alfine indietro nessuno tornò.

 

Non ne parliamo di questa guerra

che sarà lunga un’eternità,

per conquistare un palmo di terra

quanti fratelli son morti di già!

 

Fuoco e mitragliatrici,

si sente il cannone che spara;

per conquistar la trincea,

Savoia! – si va.

 

Fuoco e mitragliatrici,

si sente il cannone che spara;

per conquistar la trincea,

Savoia! – si va.

 

Bálint Wittinger

Mein Urgroßvater musste 1918 einrücken und nach Italien fahren, weil 1918 der Weltkrieg so groß war, dass auch die 18jährigen Jungen kämpfen gehen mussten. Aber der Vater meiner Großmutter war zu dieser Zeit nicht besonders gesund und stark. Er hat zwei Monate an der Front gekämpft und dann hat er dort Magengeschwür bekommen. Er ist sehr kraftlos geworden. An der Front arbeitete ein Arzt, der meinem Urgroßvater helfen konnte.

Das Rezept war: er durfte nur und ausschließlich Brennnesseltee trinken. Und in drei Monaten ist er wieder gesund geworden. Zum Glück hat der Weltkrieg nur bis 1918 gedauert.

 

Das Bild, das als Illustration dieses Beitrags zu sehen ist, stellt eine kleine Truhe mit unterschiedlichen Devotionalien aus dem Ersten Weltkrieg dar, die in der Familie von Réka Bártfay aufbewahrt wurde.