Mitten im Krieg, 1916, wird der zentrale Obst- und Gemüsemarkt Wiens, seit 1780 vor dem Freihaus am Karlsplatz stationiert, an seinen heutigen Standort an den überbauten Wienfluss zwischen Karlsplatz und Kettenbrückengasse verlegt. Am Naschmarkt lassen sich die Veränderungen infolge des Kriegs gut ablesen, v.a. anhand von Zeitungsquellen.
Meldungen über die neue „Marktstadt“, ihre funktionellen, modernen Stände, breiten Wege und durchgehende Elektrifizierung steht eine ausführliche Berichterstattung über stundenlanges Anstellen infolge des Mangels, das veränderte Nahrungsmittelangebot (statt Delikatessen werden vor allem Kartoffeln und Kraut verkauft), über Schleichhandel und Preistreiberei gegenüber. So werden 1917 Standlerinnen und ihre Helfer_innen wegen Wucher und Handels mit aus „Ungarn eingeschmuggelter Ware“ verhaftet. Hamsterkäufe werden zur „neuen Mode“ und Konflikte um die wenigen angebotenen Nahrungsmittel häufen sich, wenn beispielsweise ihre Köchinnen begleitende Damen des Bürgertums mehr als eine akzeptable Menge einkaufen wollen.
Der Krieg nimmt auch Einfluss auf die nähere Umgebung des Markts: Die Secession wird zum Lazarett umfunktioniert und im beinah leerstehenden, halbverfallenen Freihaus, dem seit Ende des 18. Jahrhunderts bestehenden 25.000 Quadratmeter umfassenden Mietshauskomplex auf der Wieden, werden Waffen gelagert und Soldaten einquartiert. Infolgedessen verkommt das Freihaus rapide – die 1913 begonnenen und im Krieg unterbrochenen Demolierungsarbeiten werden Anfang der 1930er erneut aufgenommen und das Areal großflächig „assaniert“.